Tour d'Allemagne 2015

Aus der Idee eines Einzelnen geboren wurde eine aussergewöhnliche Rennradtour von Süd nach Nord durch Deutschland.
Christoph aus Belm bei Osnabrück hat diese Idee in die Welt gesetzt und dazu uns drei Mitstreiter Oliver, Andreas und mich gefunden, welche die Idee in die Tat umgesetzt haben.

Nach wochenlanger Vorplanung mit Streckenplanung, Hotelbuchung, Sponsorensuche startete das Team mit einem dann gesponsorten Pkw nach Garmisch-Partenkirchen. Vier Rennradfahrer plus meine Frau als Fahrerin die sich "geopfert" hat das Tourfahrzeug zu übernehmen und uns auch unterwegs verpflegungstechnsch mit Allem zu versorgen.

In Garmisch angekommen platzte leider auch gleich unser Wunsch noch auf die Zugspitze zu fahren, wir waren leider etwas zu spät. Dafür hatten wir Zeit Bert kennenzulernen, der uns auf der ersten Etappe begleiten wollte. Bei einem sehr unterhaltsam verlaufenen Abend gab es dann viel zu erzählen, schliesslich war unsere Truppe bunt zusammen gewürfelt und keiner kannte den Anderen.
1. Etappe, Garmisch-Partenkirchen - Bad Tölz - Moosburg - Landshut (189Km, 1290Hm)
Nach einem guten Frühstück ging es dann los. Das Profil der Etappe war verheissungsvoll. Erst mal einige Anstiege und dann immer nur bergab. Ideal zum Einrollen. Die Fahrt durch das Isartal zwischen Wallgau und Vorderriss war dann auch schon ein erster Höhepunkt. Die muss ich unbedingt noch mal mit Frau und Tandem wiederholen. Landschaftlich wird einem hier ja viel geboten, nur schade, dass gerade die Aussicht auf den Karwendel immer nur mit Kopfwenden möglich war. Die Kulisse mit den Alpen hat schon was!
Eine zünftige Pause im Kloster Reutberg bei Kaiserwetter passte zu der guten Stimmung im Team. Über Erding ging es dann bis zum Zielort Landshut, wo wir in der uneingeschränkt  empfehlenswerten Pension Wasmayr Hof die Nacht verbrachten. Leider verabschiedete sich hier Bert schon wieder, was alle bedauerten und das nicht nur wegen seinem breiten Kreuz, welches hervorragend Windschatten fahren ernöglichte.

2. Etappe, Landshut - Kelheim - Beratzhausen - Hersbruck - Betzenstein (172Km, 1990Hm)
Meist auf ruhigen Nebenstrassen unterwegs rollten wir gegen den Wind Richtung Etappenziel.
Es war eine abwechslungsreiche Etappe, viel auf ruhigen Nebenstrassen unterwegs, aber auch eine Abfahrt mit 80Km/h war dabei. Der Teamspirit war heute auch gefordert. Zusammenbleiben, Windschatten geben und wechselnde Führungsarbeit hat gut geklappt. Überhaupt eine sehr homogene Truppe.
Nach der Pause in Kelberg an der Donau kamen dann die ersten, netten Steigungen auf uns zu. Die Auffahrt aus dem Donautal empfanden wir schon als aussergewöhnlich steil.
In Habsberg gab es dann eine Pause an der Wallfahrtskirche Maria Heil. Warum liegen Kirchen in Bayern immer an steilen Rampen?
Auf den letzten 30Km hat uns dann doch der Regen erwischt. Gott sei Dank waren wir alle wasserdicht und kamen zwar äusserlich nass aber trotzdem gut gelaunt am Zielort an.
Von dem kleinen Hotel in Betzenstein ist mir aus der Nacht nur eines in Erinnerung geblieben: Eine Turmuhr, die jede Viertelstunde die Uhrzeit läutete. Aber irgendwann schläft man trotzdem ein.
3. Etappe, Betzenstein - Pottenstein - Lichtenfels - Coburg - Eisfeld - Arnstadt (176Km, 2400Hm)
Mit Regen gestartet und mit Sonne am Etappenziel angekommen könnte man den Tag umschreiben. Die ersten ca 50Km regente es dauerhaft, bis dann gegen Mittag zumindest die Regenwolken verschwanden und dann immer mehr die Sonne durchkam. Nachdem wir Coburg passiert hatten ging es in durchweg welligem Gelände nach Arnstadt. Die Topsteigung des Tages erlebten wir in Pottenstein mit nicht erwarteten mindestens 18%.
In Arnstadt angekommen war als erstes Materialpflege angesagt. Die Regenfahrt hatte an unseren Rädern ihre Spuren hinterlassen. Das Management des Kloß-Hotels war dabei sehr radlerfreundlich und wir konnten mittels Gartenschlauch unsere Rösser säubern.

4. Etappe, Arnstadt - Ebeleben - Bleicherode - Brocken - Wernigerode (181Km, 2510Hm)
Wie jeden Morgen ging es um 9 Uhr los. Am ersten Pausenort mit dem Servicewagen in Ebeleben ist dann Christian für die heutige Etappe zu uns gestossen. Schön einen weiteren Mitfahrer im Team zu haben!
Zusammen ging es dann über Bleicherode (geile Abfahrt) na wohin wohl? Natürlich auf den Brocken, den ausser Christian noch niemand gefahren war. Hier dachten wir in der Planungsphase auf einen fordernden Aufstieg zu treffen, da wir bis dahin ja auch schoin einige Km und Höhenmeter in den Beinen haben würden. Tatsächlich erschien uns der Brocken relativ leicht, nachdem wir in den letzten Tagen bereits mehrfach 18%er hoch und runter sind. Zum Glück spielte das Wetter jetzt wieder mit und wir hatten von dort oben eine tolle Aussicht. Von dort oben ging es dann nur noch 20Km bergab nach Wernigerode, wo wir in einer recht komfortablen Ferienwohnung mit freier Sicht auf das Schloss adäquat untergebracht waren. Die hauseigene Sauna kam uns da auch gerade recht.
5. Etappe, Wernigerode - Wolfsburg - Bergen a.d. Dumme - Damnatz,Dannenberg (182Km, 1100Hm)
Die heutige Etappe hatte ich bei der Planung als die Ereignisloseste eingestuft. Es galt viel plattes Land ohne Highlights zu überbrücken. Meine Vermutung bestätigte sich dann auch. Das einzig schöne waren die vielen kleinen, verkehrsarmen Strassen, auf denen wir immer hart an der Windkante dahin rollen konnten. Zwei mal stiessen wir auf Strassensperrungen, was aber auf Grund der mitgeführten Navis kein Problem war. Heute durften wir allerdings Bekanntschaft mit Kopfsteinpflaster über Km lange Strecken machen. Mehrfach hat es uns extrem durchgeschüttelt. Ich kannte meine Fahrradgeräusche auf Kopfsteinpflaster schon von meiner Fahrt durch Merane (die Mauer von Merane), aber meine Mitfahrer hörten nun von ihren Rädern Geräusche, die sie noch nicht kannten. Die Idee evtl. mal Paris-Roubaix nachzufahren wurde hier endgültig beerdigt.
Dafür hat das Wetter heute gut mitgespielt. Max 25° und meistens Seitenwind oder hart an der Windkante vorbei ging es gut vorwärts. Aber alle haben heute die vergangenen 4 Etappen mit den zum Teil heftigen Steigungen körperlich gespürt. In Vorahnung dieser Belastung waren heute auch 3 statt der üblichen 2 Pausen angesagt.
Von Sabine professionell mit allem versorgt, was sich ein Radrennfahrer nur so an Verpflegung wünschen kann, wurde der Motivationspegel immer hoch gehalten.
Der Schlussteil der Etappe, der uns bei Bergen an der Dumme über die ehemalige, innerdeutsche Grenze nach Niedersachsen brachte war allerdings schon etwas bedrückend. Hier schien die Zeit seit der Wende stehen geblieben zu sein. Welch ein Kontrast zwischen wenigen Kilometern doch liegen kann.
Trotz der Länge der Etappe konnten wir uns das Laktat aus den Beinen fahren und kamen wie immer gut gelaunt in Damnatz an. Die dortige Pension am Elberadweg ist dann auch eine Top Empfehlung zur Übernachtung!

6. Etappe, Damnatz - Zarrentin - Ratzeburg - Lübeck - Plön (162Km, 960Hm)
Nach einem von den Pensionsinhabern liebevoll angerichtetem Frühstück ging es trocken über die Elbebrücke bei Dömitz und von dort aus bei zeitweisem Nieselregen nach Zarrentin am Schalsee. Hier setzte dann auch die Wetterbesserung ein und am Rest des Tages konnten wir wieder bei optimalen Bedingungen fahren. Nächster Stop war dann das Holstentor in Lübeck. Sommerliche Temperaturen ermöglichten uns eine schöne Pause vor genialer, historischer Kulisse. Über Berlin (kein Witz!) ging es dann über kleine Nebenstrassen zum Etappenziel nach Plön. Das Hotel war nichts besonderes, aber das daneben gelegene Bad mit Sauna eignete sich hervorragend zum Entspannen. Ein ausgiebiger Abendspaziergang am Plöner See rundete den Tag ab.
7. Etappe, Plön - Schönberg - Kiel - Eckernförde - Lindaunis - Flensburg (161Km, 1270Hm)
Eine abwechslungsreiche Fahrt stand uns bevor. Zuerst über kleine Strassen an die Ostsee und dann entlang der Küste bis nach Kiel. Bilderbuchwetter den ganzen Tag über, aber auch permanenter, starker Gegenwind kosteten einige Körner. In Kiel angekommen ging es vorbei am Marinedenkmal zum Bootsanleger. Die Durchfahrt durch Kiel wollten wir uns schenken und sind stattdessen mit dem Schiff über die Förde. In Falkenstein angekommen mussten wir erst mal auf unser Tourfahrzeug warten, welches sich durch den Ortsverkehr kämpfen musste, um uns dann versorgen zu können. Von Kiel ging es dann über Eckernförde und die sehr aussergewöhnliche, kombinierte Eisenbahn-/Auto-/Fussgängerhebebrücke bei Lindaunis zum Tourziel Flensburg.
Warum ausgerechnet auf den letzten 30Km der erste und einzige Plattfuss passierte, who knows. Und dann fährt man quer durch Deutschland und auf den letzten 5Km ging doch tatsächlich einer verloren und musste eingefangen werden. Vielleicht gut so, dann hat man am Stammtisch wenigstens etwas zu erzählen.
Fazit
Was für eine Tour! In den sieben Etappentagen haben wir ein buntes Bild von Deutschland gesehen. Hektische Städte, beschauliches Landschaften und ein Stück deutscher Wiedervereinigungsgeschichte haben uns begleitet. Wir haben mehrfach die ehemalige, innerdeutsche Grenze überquert und Relikte dieser Zeit  als mahnende Zeitzeugen hinter uns gelassen. Manchmal hat man den Übergang von "West" nach "Ost" gar nicht bemerkt, auf der 5. Etappe vor Dannenberg aber stellenweise das Gefühl einer Zeitreise in die Vergangenheit gehabt.
Nach der Pyrenäentour 2013 hatte ich keine Bedenken auf diesen 1200Km irgendwo konditionelle Probleme zu bekommen. Im Gegenteil war ich am Ende der Tour sehr überrascht, wieviele Reserven ich noch hatte. Diese Tour noch einmal würde ich daher um einen Tag verkürzen, oder mir aber den Gag erlauben eine Drei-Länderfahrt daraus zu machen. Irgendwo in Österreich starten und in Dänemark am nördlichsten Punkt beenden. Dafür sieben Tage anzusetzen dürfte passen.
Zwischenmenschlich hat auch diese Tour wieder gezeigt, dass es kein Problem ist, wenn sich eine Gruppe von gleichgesinnten Rennradlern trifft, die sich nicht kennen, und auf ein gemeinsames Ziel hin radeln. Es hat einfach gepasst. Schade war nur, dass sich trotz Reklame für die Tour in verschiedenen Rennradforen keine weiteren Mitfahrer eingefunden haben.
Hinterher können wir 6 Fahrer nur sagen: Pech gehabt, ihr habt da echt was verpasst!

Nachahmern kann ich unsere Streckenführung, die
hier bei Gpsies einzusehen ist, nur empfehlen! Zwei kleine Änderungen habe ich nachträglich noch vorgenommen, ansonsten war die Streckenführung Top! Auch die Hotels können übernommen werden, in Plön würde ich jedoch versuchen eine günstigere Unterkunft zu finden!
Kosten? Dadurch, dass unser Tourfahrzeug gesponsort war und wir von einem Fahrradhändler auch monetär unterstützt wurden hatten wir nahezu keine Transportkosten. Lediglich die Unterkünfte und Verpflegung war zu bezahlen. Da die Unkosten der Fahrerin von allen Radfahrern übernommen wurden blieb unter dem Strich eine Summe von ca 500€ pP für die gesamte, neuntägige Unternehmung.
Ich kann jedem nur empfehlen eine derartige Unterfangen in die eigenen Hände zu nehmen. Mitfahrer findet man dann notfalls wie auch in diesem Fall über die einschlägigen Internetforen!
Und? Wann treffen wir uns zu welcher Tour?
Das Video zur Tour ist auf meinem
Youtube-Kanal zu finden. Viel Spass beim Ansehen.

Danke für's Lesen!
Dömitzer Elbbrücke
Meine Fahrradwelt auf KetteRechts.de